Guitar Crusher verstorben
Erste Singles in den 1960er-Jahren
Am 23. September ist Sidney Selby, besser bekannt als Guitar Crusher, in Berlin im Alter von 89 Jahren verstorben. Crusher, der seit Anfang der 1980er-Jahre in Deutschland lebte und regelmäßig hierzulande auftrat, erholte sich leider nicht von einer Rückenoperation im Juni und verstarb im Schlaf. Trotz seines Künstlernamens war Crusher weniger als Gitarrist, sondern als ungemein kraftvoller Sänger bekannt und geschätzt. Am 28. Juli 1931 auf einer Farm in North Carolina geboren, hatte er schon in jungen Jahren den Spitznamen „Bone Crusher“, weil er sich erfolgreich gegen die Mitglieder einer Gang verteidigte. Nach Anfängen in Gospelgruppen und seinem Umzug nach New York begann er mit seinen Midnight Rockers in Clubs zu spielen. Als er nach einem Auftritt einmal sein Instrument als schlagendes Argument einsetzte, stand sein neuer Künstlername fest.
Seine erste Single auf T&S veröffentlichte Crusher 1962 in Eigenregie, aber schon im gleichen Jahr nahm ihn King Records unter Vertrag und es erschienen 1962/63 jeweils zwei Singles auf King und dem Sublabel Bethlehem, das eigentlich Jazzkünstlern vorbehalten war. Nach einer nie veröffentlichten Session für Old Town 1964 ging Crusher erst 1968 wieder ins Studio, und zwar für Blue Horizon mit Ten Years After und dem legendären Gitarristen Wild Jimmy Spruill als Begleitung (plus einem in London dazugemischten fetten Bläsersatz). Die resultierende Single sowie eine im Jahr darauf erschienene Single auf Columbia brachten ihm jedoch keinen großen kommerziellen Erfolg ein, und so arbeitete Crusher weiter in der Altpapier-Entsorgung und trat nur sporadisch auf.
Umzug nach Deutschland in den 80ern
1976 lernte Crusher den Gitarristen Nick Katzman kennen und die beiden begannen eine lange musikalische Zusammenarbeit. Katzman überredete Crusher auch, trotz großer Flugangst mit ihm im September 1982 ein längeres Engagement in Westberlin wahrzunehmen, und Crusher zog bald ganz nach Deutschland um. Auch dank der Management-Aktivitäten seiner Frau Mara von Hartz-Selby war Crusher in den folgenden Jahrzehnten in der deutschen Bluesszene sehr präsent. Von seinen zahlreichen CD-Veröffentlichungen (eine komplette Auflistung findet man auf guitarcrusher.com) sind insbesondere „Googa Mooga“ (Blue Sting, 1993, mit Wild Jimmy Spruill an der Gitarre und ausführlichen Linernotes von Norbert Hess) und „Message To Man“ (inak, 1995, mit Alvin Lee als Gast) zu erwähnen.
2017 drehte Martin Aichele mit Studenten der Fachhochschule Furtwangen einen Dokumentarfilm über Crusher, in dem er u. a. bei einem Familientreffen in der Bronx gezeigt wird, bei dem er auch seinen Enkel Sidney Selby III wiedertrifft, der als Rapper unter dem Künstlernamen Desiigner sehr erfolgreich ist. Mit Guitar Crushers Tod verliert die Bluesszene nicht nur einen großartigen Sänger, sondern einen warmherzigen, freundlichen, humorvollen Menschen, der seinen vielen Freunden, Fans und Mitmusikern in bester Erinnerung bleiben wird. Unser Beileid gilt seiner gesamten Familie, aber insbesondere seiner Witwe Mara.
- Klaus Kilian