Jody Williams verstorben
Lange Zeit nur Szenekennern bekannt
Er zählte zu den letzten noch aktiven Vertretern der legendären Ära des Chicago-Blues der 50er-Jahre und war an zahlreichen Aufnahmen beteiligt, die heute zu den Bluesklassikern zählen: Jody Williams verstarb am 1. Dezember im Alter von 83 Jahren in Munster, Indiana. Williams steuerte sein markantes Gitarrenspiel nicht nur zu legendären Songs wie „Evil“ (Howlin’ Wolf) oder „Who Do You Love“ (Bo Diddley) bei, er beeinflusste einst auch Musiker wie Otis Rush oder Buddy Guy, die es später zu internationaler Bekanntheit brachten. Jody Williams fristete mehr ein Schattendasein, war lange Zeit nur Szenekennern bekannt. Lediglich auf einigen zwischen 1957 und 1963 veröffentlichten Singles stand sein Name, die einzige LP des am 3. Februar 1935 in Mobile, Alabama, geborenen Künstlers war eine Compilation und erschien 1978 auf dem Label Red Lightnin’. Auf „The Leading Brand“ von Earl Hooker/Jody Williams ist der Gitarrist und Sänger mit sechs Songs vertreten. Die übrigen zehn Titel stammen von Hooker. Als die Platte herauskam, hatte sich Jody Williams längst vom Musikgeschäft verabschiedet.
Über Jahre Gitarrist der Chess-Studioband
Dabei war Joseph Leon Williams, so sein bürgerlicher Name, eine große Nummer des Chicago-Blues der 50er- und frühen 60er-Jahre. Zunächst spielte er mit Ellas McDaniel, der es später als Bo Diddley auf die großen internationalen Bühnen schaffen sollte, „auf Hut“ an Straßenecken. Diddley war es schließlich, der dem jungen Burschen aus Alabama das Spiel mit einer offenen Gitarrenstimmung beibrachte. Außerdem zählte Williams zu den ersten Chicagoer Musikern, die B.B. Kings Stringbending-Ansatz beherrschten. Er war viele Jahre Gitarrist der Chess-Studioband, arbeitete mit Jimmy Witherspoon, Floyd Dixon, Dale Hawkins, Bobby Charles oder Otis Spann zusammen, aber eben nur als Sideman.
Comeback und Plattendebüt als Rentner
Während die Kollegen zumindest etwas bekannter wurden, interessierte sich für Jody Willams kaum jemand. Der versuchte sich zunächst im Trio mit eigener Band, zog sich dann aber für rund 30 Jahre aus dem Musikgeschäft zurück und wurde Büromaschinen-Ingenieur bei Xerox. Der Erfolg kam spät, genauer im neuen Jahrtausend. Als Rentner trat er wieder regelmäßig auf und veröffentlichte schließlich 2002 sein Debütalbum „Return Of A Legend“, dem zwei Jahre später „You Left Me In The Dark“ (beide auf Evidence) folgen sollte. Sein Gitarrenspiel war inzwischen nicht mehr ganz so markant wie früher, trotzdem gelangen dem seinerzeit fast 70-Jährigen zwei hervorragende Produktionen. Und er konnte die Anerkennung genießen, die ihm so lange versagt geblieben war. Jody Williams wurde für große Festivals in den USA und in Europa engagiert.
Williams’ Gitarrenstil war ein Wegbereiter für nachfolgende Bluesgenerationen. Er verband den klassischen Chicago-Blues unter anderem mit Elementen des West-Coast-Jazz und Rock’n’Roll sowie Rockabilly. Erst spät wurde ihm eine längst überfällige Ehre zuteil, die Aufnahme in die Blues Hall of Fame durch die Blues Foundation (2013).
- Dirk Föhrs