Michael van Merwyk
Westfälischer Querkopf mit Charakter
Punk, Heavy Metal, Country, Blues: Für Michael van Merwyk sind musikalische Kategorien im Grunde nur ein Hindernis. Unlängst hat er ein Album mit harten Rock- und anderen Klassikern im Blues-Gewand auf den Markt gebracht. Nun stellt er Slide und Lap Steel in den Fokus.
„The Bear“ heißt die neue Platte des Musikers aus Rheda-Wiedenbrück in Anspielung auf die „bärige“ Erscheinung des knapp zwei Meter großen Mannes, der mit seiner Brummelstimme und der Ruhe, die er im Quarantäne-Interview mit bluesnews auch am Telefon ausstrahlt, einfach bärenstark klingt. Die Corona-Zeit überbrückt er daheim. Die Familie ist da, er hat Aufträge als Grafiker abzuarbeiten, es gehe ihm also „ganz gut“, so van Merwyk. Er sei froh, dass er seinen gelernten Beruf als Grafiker nie ganz an den Nagel gehängt habe. So entwirft er beispielsweise Plattenhüllen für Ruf Records.
Aber er hat sich auch die Verpackung für den Fleisch-Snack „Toasty“, ein quadratisches Schnitzel für den Toaster, ausgedacht. „Was man halt so macht“ in der Grafikbranche, sagt van Merwyk. Er habe schließlich eine große Familie, wenngleich man auch von der Musik in Deutschland ja noch ganz gut leben könne. Dreieinhalb Jahrzehnte im Musikgeschäft bringen ihn also auch in schweren Krisenzeiten nicht aus der Ruhe.
Tournee mit Larry Garner verschoben
„Geht ja allen so derzeit. Die Kunst ist in Quarantäne.“ Trotzdem sei es natürlich „total doof“, nicht auf Tour gehen zu können. Nicht nur wegen des Geldes, wie van Merwyk betont: „Es ist einfach tendenziell meine Lieblingsbeschäftigung, mich vor Leute zu setzen, Musik zu spielen und mit ihnen zu schnacken. Aber was willste tun?“ Mit großen Konzerten rechne er 2020 jedenfalls nicht mehr. „Ich bin gespannt, wie viele Clubs am Ende wieder aufmachen werden und wie viele Musiker sich einen regulären Job suchen müssen. Das kann keiner sagen derzeit. Meine Tour mit Larry Garner hab ich jedenfalls aufs kommende Jahr verschoben.“
Geschichten aufschreiben und in Songs fassen, das ist Michael van Merwyks Leidenschaft. „Ich schreibe ständig irgendwas, natürlich fließt da auch die jetzige Situation mit ein. Man schnappt eine Menge auf, und ich bewege mich da immer am Zeitgeschehen. Der Alltag beeinflusst das Songwriting.“ Zwei Songs, die er kürzlich für das Corona-Projekt „Lockdown Sessions“ geschrieben hat, heißen „Lowdown Lockdown“ und „Fuck You, Mr. Virus“. Mit dem Material auf „The Bear“ haben diese Titel freilich nichts zu tun.
- Ralf Deckert
- Auszug aus dem Interview in bluesnews 102
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