Vanja Sky
Ein ziemlich verrücktes Leben
Rasanter kann sich eine künstlerische Laufbahn kaum entwickeln. Fünf Jahre, nachdem sie das Gitarrenspiel erlernt hatte, nahm Vanja Sky mit namhaften Künstlern der internationalen Bluesszene ihr Debütalbum auf. Mit „Woman Named Trouble“ erschien nun das Nachfolgewerk.
Mit 19 Jahren, als Vanja Krbavcic erstmals zur Gitarre griff, um sich die Grundbegriffe beizubringen, stand sie noch hinter der Theke einer Konditorei in ihrer Heimatstadt Buzet. Sieben Jahre später ist sie unter ihrem Künstlernamen Vanja Sky in aller Welt unterwegs und hat eine Blitzkarriere hingelegt. Sie war zunächst nach Zagreb gezogen und tief in die dortige Musikszene eingetaucht. Dabei lernte sie auch den Briten Laurence Jones kennen, als der dort gastierte. Jones wiederum empfahl sie seinem damaligen Labelboss Thomas Ruf, der nach Kroatien reiste, um die junge Sängerin genauer unter die Lupe zu nehmen, die als Akustikduo mit dem Gitarristen Eduard „Jimmy“ Matesic unterwegs war, einem der profiliertesten Saitenkünstler des Landes. Und dann ging alles Schlag auf Schlag: Plattenvertrag bei Ruf Records, Abflug nach Stantonville, Tennessee, um beim ersten Studioaufenthalt überhaupt gemeinsam mit den Akteuren des Blues Caravan 2018 Songs für eine CD aufzunehmen.
Bernard Allison und Mike Zito hießen damals die Protagonisten; in der Tourband spielte ein gewisser Roger Inniss Bass. Das Debütalbum „Bad Penny“ folgte und erntete höchst anerkennende Kritiken. „Da hatte ich gerade mal fünf Jahre Gitarre gespielt“, reibt sich die heute 26-Jährige sinnbildlich immer noch verwundert die Augen. 2019 war geprägt von ersten eigenen Konzertreisen mit deutschen Begleitmusikern. „Alles passierte sehr viel schneller, als ich es mir erträumt hätte“, lautet Vanja Skys Zwischenbilanz, die sie anlässlich der Veröffentlichung ihres zweiten Albums „Woman Named Trouble“ im Gespräch mit bluesnews zog – per Telefoninterview, denn zu dem Zeitpunkt lähmte das Coronavirus längst auch die Musikwelt.
Interview (Auszug)
Als wir uns im vergangenen Jahr unterhalten haben, hast du zum Abschluss unseres Gesprächs gesagt, dass du überlegen würdest, nach Deutschland zu ziehen – wo lebst du heute?
Ich bin wirklich nach Deutschland gezogen und lebe in Hamburg. Das ist jetzt meine Basis. Wir haben viele Gigs gespielt, zu denen ich oft mit dem Flugzeug anreisen musste. Es hat aus meiner Sicht nicht viel Sinn ergeben, alle zwei Wochen groß zu reisen. Es hat sich so ergeben, weil meine Booking-Agentur und mein Management hier in Hamburg sind, ebenso die Band, die mich auf Tour begleitet hat. Außerdem ist es eine tolle Stadt. Wir können hier neue Songs schreiben und proben. Deswegen habe ich diesen Schritt gemacht. Inzwischen liebe ich es hier in Hamburg, gerade und vor allem für Musiker ist es hier großartig. Jeden Tag gibt es Livemusik, auch wenn es im Augenblick scheiße ist (lacht) wegen des Virus. Aber in normalen Zeiten kann man jeden Tag spielen, es gibt Unmengen von Musikern, mit denen man jammen kann. Die Leute sind alle so freundlich und wollen mit mir spielen. Es ist wirklich so etwas wie eine Traumstadt.
Weil du das Virus ansprichst: Es hat dich ausgebremst. Du wolltest touren, hattest gerade die erste Show gespielt, und dann war es schon wieder vorbei.
Ja, es ist schon verrückt. Wir hatten drei Monate lang darauf gewartet, die Tour zu starten. Wir hatten das neue Album, wollten voll loslegen, und dann ist das passiert! Wir waren auf der Fahrt zum Gig, als mein Manager anrief und sagte, der Auftritt am nächsten Tag sei abgesagt, der am übernächsten Tag sei auch schon gecancelt. Wir sagten uns selbst, wir müssen heute spielen, als ob es das letzte Mal wäre. Und so war es dann ja auch. Das Verrückte daran: Es war ein Freitag, der 13. (lacht), für uns wirklich ein Pechtag.
Oder auch Glück, weil ihr zumindest diese eine Show spielen konntet.
So kann man es auch sehen. Viele Leute hatten diese Chance nicht, und sie tun mir richtig leid. Freunden in den Vereinigten Staaten ist eine große Tour über einen Monat weggebrochen. Es ist wirklich schlimm für uns Musiker und für die Clubs. Es ist eine schwere Zeit für alle.
Themenwechsel, Vanja, mit dem neuen Album präsentierst du einen neuen Look. Keine langen blonden Rastalocken mehr, stattdessen kurze schwarze Haare, warum das?
Daran ist vor allem meine Schwester schuld! Wobei ich offen und reif für eine Veränderung war. Mit den kürzeren Haaren ist es viel einfacher. Und nachdem wir viel rockigen Blues spielen, passt das Aussehen auch irgendwie besser, finde ich, zu unserer Performance auf der Bühne.
Bei unserem letzten Gespräch hattest du gesagt, dass voraussichtlich Mike Zito oder Bernard Allison dein nächstes Album produzieren würde. Wie kam es, dass Roger Inniss diesen Job gemacht hat?
Letztlich ist alles doch in der Familie geblieben. Der Plan war ursprünglich, dass Bernard produzieren sollte, doch dann stellte sich heraus, dass er zu der Zeit, für die Thomas Ruf das Studio gebucht hatte, auf Tour sein würde. Es hat sich schnell gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war, es Roger machen zu lassen. Mit ihm zu arbeiten, war einfach anders als mit jemandem, für den das ein bezahlter Job ist. Es ist ein anderes Arbeiten mit jemandem, der quasi zur Familie gehört und 150 Prozent seiner Fähigkeiten und seines musikalischen Könnens in die Waagschale wirft. Dasselbe gilt für die Band, denn wir waren zusammen on the road. Unter solchen Umständen ist es einfacher, ein gutes Album aufzunehmen.
- Philipp Roser
- Auszug aus dem Interview in bluesnews 102
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